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Ein Tag mit mir

Juli 2009 Ostholstein in 12 Stunden – Ein Tag mit Bettina Hagedorn Bettina Hagedorn ist gerne in ihrem Schleswig-Holsteinischen Wahlkreis unterwegs. Das liegt sicherlich daran, dass die Wurzeln ihres politischen Engagements in der Kommunalpolitik der Gemeinde Kasseedorf liegen, in der sie auch heute noch wohnt. Als Mutter von drei Söhnen ging es ihr vor 25 Jahren beim Einstieg in die Gemeindevertretung in erster Linie um den örtlichen Kindergarten. Als sie dann Bürgermeisterin der ländlichen Gemeinde und später Amtsvorsteherin in Schönwalde wurde, wollte Bettina Hagedorn mehr. Mehr für die Gemeinde, das Amt und den Kreis. Und das nicht immer ohne Gegenwehr. Aber damit lernte sie umzugehen. Bettina Hagedorn sagt, dass sie vieles einfach aus der Liebe zu ihrer Ostholsteinischen Wahlheimat heraus anpackt. Diese Liebe merkt man ihr immer dann an, wenn sie von den leuchtend gelben Rapsfeldern vor der azurblauen Ostsee schwärmt. Der Wahlkreis der 53jährigen Bundestagsabgeordneten umfasst neben Ostholstein auch den nördlichen Teil Stormarns. Er erstreckt sich somit über mehr als 100 Kilometer von Puttgarden, an Lübeck vorbei bis nach Reinfeld. Einer der kostbaren Tage im Wahlkreis wird da schnell zum 14-Stunden-Tag und 200 Kilometer Fahrstrecke sind keine Seltenheit.


8:30 Uhr Realschule Bad Schwartau Diskussion mit den 10. Klassen

An diesem Tag beginnt es früh. „7:30 Uhr Realschule Bad Schwartau“ ist der erste Eintrag im Kalender. Der Besuch von Schulklassen sei ihr eine Herzensangelegenheit, betont Bettina Hagedorn. Ihr Büro versuche es jeder anfragenden Klasse aus dem Wahlkreis möglich zu machen, sie im Rahmen einer Berlinfahrt an ihrem Arbeitsplatz, dem Reichstag, für eine Stunde zu treffen. Leider sei es aufgrund der vielen Termine nicht immer möglich. Um eine Klasse, die sie nicht sehen konnte, handelt es sich in diesem Fall. Aber der Tag beginnt anders als geplant. Der Besuch der Bundestagsabgeordneten ist im schulischen Ablauf erst eine Stunde später vorgesehen. Bettina Hagedorn nimmt es gelassen. Zu ändern ist jetzt eh nichts mehr. Also nutzt sie die Gelegenheit sich mit der Direktorin der Schule auszutauschen und erfährt, wie in Bad Schwartau der Übergang zur Regionalschule von statten geht. Die Schüler, denen Bettina Hagedorn dann in der Aula gegenübersteht, wirken etwas geschafft. Eine muntere Fragerunde entwickelt sich nur langsam. Von der Rektorin erfährt die Abgeordnete, dass ihrem „Auftritt“ eine Klausur vorausgegangen ist. Also beginnt sie zunächst mit der Vorstellung von sich und ihrer Arbeit. Die üblichen Fragen nach Gehalt, Dienstwagen und Bodygards kommen in Bad Schwartau nicht. Die Fragen der Schüler zeigen vielmehr ihre Sorgen um die Zukunft und im ersten Ansatz auch Politikverdrossenheit. Hier treffen sie aber auf das Herzblut einer ehemaligen Kommunalpolitikerin. Eindringlich mahnt Bettina Hagedorn, die Möglichkeit zu Mitbestimmung, den Grundsatz der Demokratie, nicht zu verspielen. Sie fordert die Jugendlichen auf, ihre Umgebung und somit ihre Stadt aktiv mitzugestalten. Nun sind auch die Jugendlichen wach, und stellen tiefer bohrende Fragen. „Wollen Sie, dass wir die SPD wählen?“ fragt dann einer gerade heraus. Bettina Hagedorn hat mit dieser Frage gerechnet. Bis zu diesem Zeitpunkt hat sie ihre Partei nicht namentlich erwähnt. Wichtig sei ihr bei den Besuchen, dass die Jugendlichen „begreifen“, dass Politiker Menschen wie Du und ich sind, und man nur durch sein eigenes Handeln und die eigene Meinungsbildung zur „richtigen“ Entscheidung bei der Wahl gelangt. Und so beantwortet sie auch die Frage des Schülers.

 


10:45 Uhr Vicelinkirche Ratekau, Baustellenbesichtigung mit Pastorin, Architekt, Bürgermeister und Kirchenvorstand

Trotz anfänglicher Verzögerung ist der erste Termin des Tages pünktlich beendet. Weiter geht es nur ein paar Kilometer in Richtung Norden. An der Vicelinkirche in Ratekau erwartet der gesamte Kirchenvorstand einschließlich Bürgermeister und Architekt „ihre“ Abgeordnete. Grund ist -wie in vielen Fällen dieser Tage- das Konjunkturpaket II der Bundesregierung. Ein Scheibchen davon hat Bettina Hagedorn im Gepäck. Sicherlich einer der schöneren Termine. Geht es doch weniger um die Sorgen und Nöte, sondern um deren Lösung. Zur Renovierung der Feldsteinkirche aus dem elften Jahrhundert müssen Kirche und Kommune über eine Million Euro aufbringen. Aus einem speziellen Programm des Konjunkturpaketes werden nun 800.000 Euro nach Ratekau fließen. Damit es dazu kommen konnte, musste sich Bettina Hagedorn in Berlin allerdings für Ostholstein ins Zeug legen. Ohne einen Beschluss des Haushaltsausschusses zur Änderung eines Haushaltsvermerks zum Bundeshaushalt 2009 wäre die Förderung eines nationalen Kulturdenkmals nicht möglich gewesen, erklärt sie ihrem Empfangskomitee. Um diesen Beschluss herbeizuführen, war deutlich mehr als nur ein Gespräch nötig. Dabei half ihr auch das Wissen um Details der Projekte in ihrem Wahlkreis. Beim Gang um die Kirche und Besichtigung der Arbeiten am 1.Bauabschnitt bietet sich wieder eine dieser Gelegenheiten, weitere Informationen zu sammeln. Interessiert schaut die Abgeordnete nach jedem Detail, das ihr der Architekt erklärt. Und in der Spitze des Turmes angekommen ist sie beim Anblick des historischen Uhrwerks wieder ganz die Goldschmiedin mit dem Blick fürs Handwerkliche. Aber dann steht der steile Abstieg an. Der nächste Termin ruft.

 


13:00 Uhr Weiterbildungsverbund Ostholstein-Plön-Oldenburg Gespräch mit Ulrike Rodust (MdEP) und Projektmitarbeitern

Es geht weiter nach Norden, fast bis nach Fehmarn, den oberen Rand ihres Wahlkreises. In Oldenburg ist Bettina Hagedorn mit ihrer Parteifreundin und Kandidatin für den Europawahlkampf, Ulrike Rodust, verabredet. Beide wollen sich über die Arbeit des Weiterbildungsverbundes Ostholstein-Plön informieren - ein Projekt, das auch durch Mittel der EU gefördert wird. Eigentlich wäre es jetzt um halb eins Zeit für ein Mittagessen. Aber dafür ist im Terminkalender kein Eintrag zu finden und Oldenburg etwa 50 Kilometer von Ratekau entfernt. Gut für die Bundestagsabgeordnete ist, dass sich die Autobahn A1, von Fehmarn abgesehen, durch den gesamten Wahlkreis zieht. Sie ist sozusagen die „Schlagader“ in der Wahlkreisarbeit. Pünktlich in Oldenburg angekommen kommt die Nachricht, dass sich Ulrike Rodust verspätet. Sie hat keine Autobahn auf ihrer Strecke. Die zweite Terminverschiebung an diesem Tag bietet die Gelegenheit durchzuatmen, die Rosen des Kirchenvorstandes aus Ratekau ins Wasser zu stellen und schon einmal bei den bereitgestellten Brötchenhälften zuzugreifen. Dann hat es auch die Europaabgeordnete geschafft und beide hören einen Bericht über die Arbeit des Verbundes. Immer wieder unterbrechen sie ihn und fragen nach. Zum Ende des Vortrages bleibt wenig Zeit weitere Fragen zu stellen. Über die Maßnahmen zur Alphabetisierung von Erwachsenen hätte Bettina Hagedorn zu gerne noch mehr erfahren. Und auch das Projekt QUiN (Qualifizierung und Unternehmens-Dienstleistung im Netzwerk) lässt noch einige Fragen offen. Aber das kennt Bettina Hagedorn schon. Wenn man richtig ins Gespräch gekommen ist, dann drängt bereits wieder die Zeit.

 


Maritimes Schulungs- und Trainingszentrum Neustadt. Informelles Gespräch mit Joachim Franklin auf hoher See

Umso offener ist sie für Termine ganz ohne Zeitdruck wie zum Beispiel bei der Bundespolizei See in Neustadt vor einigen Wochen. Hier hatte sie der Präsident des Bundespolizeipräsidiums Nord, Joachim Franklin, zu einem informellen Gespräch eingeladen. Zur Freude der gebürtigen Laboerin nicht im schnöden Dienstzimmer, sondern auf der „Rettin“ - einem Schlepper der Küstenwache. Die Einladung kam nicht aus heiterem Himmel. Bettina Hagedorn hatte sich für das Maritime Schulungs- und Trainingszentrum (MaST) am Standort Neustadt eingesetzt und im Bundeshaushalt 2008 das „Startkapital“ von 800.000 Euro durchgesetzt. 2009 kamen weitere zwei Millionen Euro für Baumaßnahmen am Standort dazu. In beiden Jahren wuchs auch die Personalstärke um 24 Planstellen an. Neben den Standorten der Bundespolizei liegen ihr auch die Bundeswehrstandorte am Herzen. In ihrer Funktion als Mitglied des Haushaltsausschusses und Hauptberichterstatterin des Bundesinnenministeriums gehören auch der Katastrophenschutz und damit das Technische Hilfswerk (THW) und andere Hilfsorganisationen wie die Feuerwehren zu ihrem Aufgabenfeld. Hier sucht sie in der Zeit im Wahlkreis immer wieder den Kontakt zu den Frauen und Männern „an der Front“. Auch hier hilft die Erfahrung als Kommunalpolitikerin, die Sachverhalte auch von einer anderen Warte zu betrachten.

 

Der Nachmittag steht unter dem Zeichen der Europäischen Union. Mit mehreren Millionen aus dem Küstenschutzprogramm wurden Deiche und Hafen in Niendorf saniert und gleichzeitig den touristischen Erfordernissen angepasst. An der wohl einmaligen gläsernen Hochwasserschutzwand werden die beiden Abgeordneten erwartet. Beide in leuchtend roter Jacke. Um einen modischen „Fauxpas“ zu verhindern, hat Bettina Hagedorn noch eine andere Jacke organisiert, damit die Damen nicht mit gleicher Garderobe erscheinen. Zusammen mit Bürgermeister und Bürgervorsteher geht es begleitet von der Lokalpresse über das neu gestaltete Hafengelände Richtung Strand, wo die Dünen erhöht und neu bepflanzt wurden. Während der Bürgermeister noch die erfolgten Maßnahmen erklärt, hat etwas ganz anderes die Aufmerksamkeit von Bettina Hagedorn geweckt. Fragt man sie, was sie in den Jahren im Bundestag vermisst, sind es Treffen mit Freunden und Bekannten und die Zeit in Ruhe zu reden. Trotzdem ist es das, was sie so oft wie möglich versucht

Blues Fest Eutin 2009

einzurichten. Aus ihrer Zeit als Bürgermeisterin einer kleinen Gemeinde mit drei Dörfern ist ihr bewusst, wie wichtig der „richtige Draht“ zum Bürger ist. Vielleicht ist auch das ein Grund dafür, dass sie den Verein „Baltic Blues“ aus Eutin unterstützt. Lässt sich doch auch so ihre Liebe zu Konzerten und Geselligkeit wenigstens ein wenig mit ihrer Funktion als Abgeordnete verbinden. Das „Blues Fest Eutin“ ist seit je her Pflicht für sie. Kein Wunder also, dass sie bei dieser Veranstaltung immer wieder Hände schütteln und Grüße in Empfang nehmen muss. Immer verbunden mit ein paar persönlichen Worten und manchmal auch auf ein Glas Wein. An diesem Tag folgt auf den Termin in Niendorf noch die Sitzung des Kreisverbandes der SPD in Sierksdorf. Die Tagesordnung ist lang. Die Rosen aus Ratekau gibt sie zur Sicherheit der Schwiegertochter mit. Wann Bettina Hagedorn „Feierabend“ hat, ist noch offen. Aber am Ende werden es mehr als 12 Stunden gewesen sein. Fotos & Text: Marc Dobkowitz, Dorfstraße 6, 23717 Kasseedorf, 0172/4160198 Juli 2009